Jannik Kroll
von Jannik Kroll
 
21.10.2021
 
7 Min.
Große Ideen, rasant gedreht

Frau Lemke, was sind die wichtigsten Eigenschaften, die eine erfolgreiche Brand Managerin mitbringen sollte?

Daniela Lemke: Ich bin für die Umsetzung und Pflege der Markenstrategie zuständig. Dafür muss ich mit Kolleg*innen abteilungsübergreifend zusammenarbeiten. Es kommt in den Projekten auf eine ausgeprägte Kommunikationskompetenz an, damit echte Markeninnovationen entstehen. Für effektive und zukunftsfähige Markenbotschaften muss ich Märkte, Zielgruppen und Trends analysieren können.

Sie sind Expertin für Produktneueinführungen. Wann haben Sie zum letzten Mal ein solches Produkt lanciert?

Daniela Lemke: Ich arbeite für große FMCG-Unternehmen, vor allem aus dem Beauty- und Fine-Food-Bereich. Die Abkürzung FMCG steht für „Fast Moving Consumer Goods”. Es geht also um Konsumgüter des täglichen Bedarfs, die von einer schnellen Warenrotation gekennzeichnet sind, da sie oft nachgekauft werden. Im Drogeriemarkt finden Sie daher einige Produkte namhafter Marken, die ich mitentwickelt habe. Unter anderem „Cellular” von Nivea, „Florena Men” und einige Drogerie-Eigenmarken. Auch war ich an Innovationsprojekten für den Süßwarenhersteller Ferrero beteiligt.

Was sind die größten Herausforderungen in diesen Segmenten?

Daniela Lemke: Es geht vor allem um die Konkurrenz im Regal: Wer bekommt welche Plätze, wer kann sich welche Marktanteile erkämpfen? Konsument*innen entscheiden bei diesen Käufen aus dem Bauch. Das Produkt muss binnen Sekundenbruchteilen überzeugen. Mein liebstes Statement ist: „Es ist das Herz, das bereit ist, für ein Produkt mehr zu bezahlen. Nicht der Verstand.“ Genau das muss eine gute Marken- und Produktstrategie ermöglichen.

Die Konkurrenz ist extrem groß, die Regale in den Supermärkten und Drogerieketten werden immer voller und diverser. Wie erzeugen Sie eine inhaltlich entscheidende Markenpräsenz, und was sind die wesentlichen Schritte in der Umsetzung bis hin zum Launch?

Daniela Lemke: Es ist wichtig, dass wir alle Kanäle entlang der Consumer Journey, also des Weges der Konsument*innen vom ersten Interesse bis zum Kauf, konsistent bespielen. Produkteinführungen oder Relaunches müssen breit flankiert werden am Point of Sale, aber natürlich auch im E-Commerce, in den Sozialen Medien und sogar im Fernsehen. Die Kampagne wird mit geeigneten PR-Maßnahmen unterstützt. Ein erfolgreicher Launch startet immer mit einem gehörigen Anteil Forschung, erst dann wird das Konzept entwickelt. Dafür binden wir schon frühzeitig andere Fachabteilungen ein, um den konkreten Produktnutzen aus Benutzer*innensicht herauszuarbeiten. Stehen die ersten Konzepttests und das Packaging fest, starten wir die Konsumenten*innentests. Wir brauchen ein Gefühl für die Akzeptanz des neuen Produktes. Läuft alles gut, folgt die Vorbereitung für die Kommunikation und schließlich der Launch. Bis ein neues Beauty-Produkt im Regal steht, beträgt die Vorlaufzeit bis zu anderthalb Jahren.

Verstehen Sie sich eher als Strategin, also Ideengeberin, oder als klassische betriebswirtschaftliche Macherin?

Daniela Lemke: Aufgrund meiner Expertise in der Kombination aus Marketing und Design arbeite ich weitestgehend strategisch. Ich sehe mich als kreative Ideengeberin.

Wie können Sie als selbstständige Produktexpertin Unternehmen unterstützen? Ist die Flexibilität der Selbstständigkeit von Vorteil?

Daniela Lemke: Die Unternehmen schätzen die Impulse und Ideen, die ich aus anderen Projekten mitbringe. Während der Projektzeit oder Interimstätigkeit unterstütze ich Teams von außen. Da hilft meine langjährige Tätigkeit als Freelancerin und Consultant, denn ich kann mich schnell in neue Projekte und Themen reindenken.
 
Ab wann lässt sich der Erfolg eines Produktes ablesen?

Daniela Lemke: Wir analysieren sehr genau, wie gut der Abverkauf mit und später ohne flankierende Maßnahmen funktioniert. Es ist wichtig, sich von vornherein klare Ziele in Form von fest definierten Kennzahlen zu setzen. So ist die Qualität unserer Arbeit messbar, und das Unternehmen profitiert.

Sind die Voraussetzungen, Verpackungen zu kreieren, immer gleich, egal welcher Inhalt drinsteckt?

Daniela Lemke: Eine gute Produktverpackung muss aufmerksamkeitsstark sein, um die Konsument*innen am Point of Sale zu überzeugen. Sie muss sich klar vom Produkt des Wettbewerbs unterscheiden. Das gilt für Pralinen genauso wie für Cremes oder Zahnbürsten.

Wie wird entschieden, ob ein erfolgreiches Produkt weiterentwickelt oder verändert werden muss?

Daniela Lemke: Das hängt immer vom Zeitgeist ab. Bei Beiersdorf ist es so, dass Verpackungen und Formeln sehr erfolgreich im Sinne der Nachhaltigkeit optimiert wurden. Wir sprechen hier insbesondere von Recycling, umweltverträglichen Grundlagen und Inhaltsstoffen. Hinzu kommt, dass es ein immer größer werdendes Bedürfnis unserer Kund*innen ist, sich umweltbewusst zu verhalten. Darauf reagieren wir.

Stichwort Klimakrise und Ökologie: Ist eine schnelle Warenrotation noch Kennzeichen eines modernen Lebens, oder befindet sich die Branche bereits im Umbruch?

Daniela Lemke: Die Konsument*innen sind in den vergangenen Jahren merklich kritischer und selektiver geworden, was Verpackungen und unnötigen Verpackungsmüll angeht. Die Unternehmen müssen sich hier bewegen. Beispielsweise gehen immer mehr Rasierer-Marken wie Gillette dazu über, ihre Produkte in umweltschonenden Kartonagen und nicht mehr in Plastik zu verpacken. Es gibt kreative Lösungen für Mehrweg- und wasserfreie Produkte in der Kosmetik, wie „Nivea Wonderbar Soaps”, oder im Waschmittel-Segment die „everdrops”. Achtsamer Wasserkonsum wird demnach die Beauty-Branche stark beeinflussen. Nachhaltigkeit ist ein großes Thema.

Hatten Sie persönlich ein Schlüsselerlebnis, das Ihr Denken über diesen Bewusstseinswandel prägend verändert hat?

Daniela Lemke: Auf Lombok in Indonesien hatte ich vor zwei Jahren so einen Moment. Während der Regenzeit wurden auf einmal Unmengen von Plastikverpackungen an unseren Hotelstrand geschwemmt. Wir kamen mit dem Einsammeln gar nicht mehr nach. Wir standen knietief im Meer, und alles war voller Müll. So weit das Auge reichte. Da habe ich mich schon gefragt, wie lange wir so noch weitermachen können.

Wie hat sich der Markt für die weibliche Zielgruppe verändert – Stichworte Feminismus und Emanzipation?

Daniela Lemke: Geschlechtsspezifisches Marketing ist insgesamt immer noch stark verbreitet. Die weibliche und männliche Ansprache funktioniert nach wie vor gut. Allerdings kommen in den vergangenen Jahren auch mehr Unisex-Produkte auf den Markt, speziell für die jüngere Zielgruppe. Diese Käufergruppe wächst mit anderen, häufig androgynen, Rollenbildern auf. Sie lässt sich bei der Auswahl von Produkten nicht so sehr wie ältere Käufergruppen von den Geschlechterstereotypen einschränken. Dieser Trend zur Individualisierung führt dazu, dass die Nachfrage der Verbraucher*innen immer diverser wird.

Auf welches Ihrer Produkte sind Sie besonders stolz und warum?

Daniela Lemke: Besonders gerne erinnere ich mich an eines meiner ersten Produkte. Das war für dm Drogeriemarkt die Petfood-Eigenmarke „Dein Bestes“. Es ist eine sehr umfangreiche Produktrange für Hund, Katze, Vogel und Nager. Mein Design wurde damals ausgewählt, und ich durfte die Umsetzung und Produktion verantwortlich betreuen. Als ich dann „meine“ Produkt-Range in vollem Umfang im Laden stehen sah, war das ein besonderes Gefühl.

Daniela Lemke hat Kommunikationsdesign studiert und zudem eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolviert. Sie hat für unterschiedliche Kosmetikmarken wie Wella, Procter & Gamble, Beiersdorf oder Unilever gearbeitet.

Seit mehreren Jahren ist Daniela Lemke als Brand-Consultant für Management und Marketing mit den Schwerpunkten Beauty und FMCG tätig. Dies umfasst Trend- und Marktforschung sowie die Auswertung von Kundendaten als Basis für die Umsetzung einer Markenstrategie. Sie plant die Medienkommunikation von Unternehmen und koordiniert ihre Produkteinführungen. Daniela Lemke lebt in Hamburg.

Daniela Lemke - Brand Managerin und Produkt-Strategin
Daniela Lemke
Brand Managerin und Produkt-Strategin

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