Die Strompreise steigen drastisch. Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf die Zukunft der E-Mobilität aus?
Steigende Strompreise machen die E-Mobilität zum unkalkulierbaren Risiko! Zumindest hört man diese Aussage aus der Automobilindustrie. Man fürchtet um die Zukunft der Elektroautos und der Verkehrswende in Deutschland. Damit sich die Modelle durchsetzen, müssen sie auf 100 Kilometer geringere Kosten als Benziner- oder Diesel-Fahrzeuge verursachen. Die Frage ist momentan: Wann »tanken« Stromer so teuer wie Verbrenner?
Haben Sie eine Antwort auf diese Frage?
Laut einer aktuellen Studie des Center Automotive Research (CAR) könnte der Kostenvorteil des Elektroautos schon 2023 der Vergangenheit angehören.
Für wen ist das »Tanken« am teuersten geworden?
Wer keine eigene Wallbox zu Hause hat, ist am schlechtesten dran. Die Tarife der öffentlichen Ladesäulen sind inzwischen so hoch, dass Stromer vielerorts teurer im Betrieb sind als Verbrenner. Und bis zur nächsten Preisrunde bei den Ladenetzbetreibern dürften allenfalls ein paar Wochen vergehen. Das Schnelllade-Netzwerk Ionity, das sich an das europäische Autobahnnetz schmiegt, ist aktuell mit bis zu 79 Cent pro Kilowattstunde besonders teuer.
Kann die aktuelle Situation die E-Mobilität um Jahre zurückwerfen?
Es braucht dringend Maßnahmen, damit das nicht passiert. Neben dem Strompreis bedroht auch die hohe Inflation die Verkehrswende. Diese verlangsamt den Umstieg auf Elektroautos erheblich. Wenn die Konjunktur schlecht ist, werden größere Anschaffungen aufgeschoben und der alte Diesel oder Benziner länger gefahren.
Sie sind einer der versiertesten Berater auf diesem Gebiet, begleiteten zudem die Transformation in der Telekommunikationsbranche erfolgreich. Ihr Wort hat Gewicht. Mit welchen Maßnahmen ließe sich genau jetzt der Verkauf von Elektroautos positiv beeinflussen?
Es gibt einiges zu tun. Drei Maßnahmen sind jedoch besonders relevant, auch wenn sie nicht ungewöhnlich erscheinen.
- Durch eine bessere Ladeinfrastruktur muss die E-Mobilität praxistauglicher werden.
- Wir müssen Energiekooperationen entwickeln. Unternehmen sollten nicht mit Individuallösungen konkurrieren, sondern häufiger zusammenarbeiten.
- Und wir brauchen eine engagiertere Energieaußenpolitik. Diese ist notwendig, damit wir uns in Deutschland nicht durch Strommangel und hohe Kosten selbst ausbremsen.
Das klingt – mit Verlaub – etwas vage. Was bedeutet »engagiertere Außenpolitik«?
Dass wir die deutschen Stromexporte ins EU-Ausland stoppen. Es ist schwer zu verstehen, warum hierzulande der Sparzwang und explodierende Preise gelten, wenn wir gleichzeitig in erheblichen Größenordnungen Strom exportieren können. Seit einigen Monaten sind die Ausfuhren nach Frankreich deutlich gestiegen. Der Strompreis in Deutschland betrug zwischenzeitlich 988 Euro pro Megawattstunde. Ein Rekordwert. Anfang dieses Jahres waren es noch weniger als 150 Euro.
Gibt es weitere Ursachen, warum die Strompreise drastisch steigen?
Durch Rohstoffknappheit ist der Betrieb von Gaskraftwerken teurer geworden. Das ist aber nur ein Zweig der Energiegewinnung. Doch die Strompreise orientieren sich an dem teuersten Einspeiser. Von dem weiterhin günstig produzierten Ökostrom haben die Kundinnen und Kunden gar nichts. Das lässt am politischen Sachverstand zweifeln – und Lobbydenken vermuten. Die E-Mobilität wird nicht teuer, sie wird künstlich teuer gemacht.