Frau Stroh, das Thema Nachhaltigkeit ist wegweisend für die wirtschaftliche Zukunft. Wie oft kommen Unternehmen proaktiv auf Sie zu?
Immer häufiger. Viele Unternehmen erkennen den Handlungsbedarf und beschäftigen sich allmählich mit Nachhaltigkeit. Andere spüren bereits die realen Auswirkungen nicht-nachhaltiger Unternehmensführung. Die aktuellen Krisen stimulieren die Erkenntnis. Sie sind symptomatisch für die Abhängigkeit von fossilen Energiequellen oder global vernetzten Lieferketten, die nicht mehr einwandfrei funktionieren.
Dazu kommen neue gesetzliche Anforderungen wie das LkSG, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Es fordert, dass Unternehmen über die grundlegenden Menschenrechts- und Sozialstandards in ihrer gesamten Lieferkette informiert sind und auf die Einhaltung hinwirken. Das Gesetz gilt ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden, ab 2024 schon ab 1.000 Beschäftigte. Dazu hat es einen Pull-Effekt auf kleinere Unternehmen: Als Zulieferer von Großunternehmen müssen sie ebenfalls die Informationen erheben und auf Verbesserungen hinwirken.
Noch hindern vermeintlich hohe Kosten große und kleine Unternehmen an redlichen Nachhaltigkeitsbemühungen. Weshalb der Gesetzgeber überhaupt eingreift. Wie machen Sie Unternehmen glaubhaft, dass Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit vereinbar ist?
Wir zeigen die wirtschaftlichen Vorteile von ökologischen, ökonomischen und sozialen Maßnahmen auf – oder auch Nachteile von nonkonformem Verhalten. Nachhaltige Aktivitäten sind gesellschaftlich nicht mehr nur vorbildlich, sie prägen maßgeblich die Akzeptanz von Marken und Produkten. Schrittweise lösen nachhaltige Alternativen herkömmliche Produkte und Lösungen ab. Unternehmen haben jetzt die Chance, an diesem Markt teilzuhaben.
Dazu kommt die finanzielle Seite. Kann ein Unternehmen gemäß der EU-Taxonomie keine nachhaltige Tätigkeit vorweisen, erhält es künftig deutlich schlechtere Finanzierungskonditionen. Allein aus diesem Grund entscheiden sich Unternehmen für eine nachhaltige Wirtschaftsweise.
Sind neu gegründete Firmen einfacher zu überzeugen?
30 % der Neugründungen denken und wirtschaften bereits heute nachhaltig. Das Impact Investing – das bewusste Investieren in nachhaltige Unternehmen – wird stetig relevanter. Die Gründenden und Investierenden berücksichtigen nachhaltige Aspekte allerdings nicht nur wegen der guten Tat. Sie prognostizieren für ihre wirtschaftliche Zukunft größere Gewinne.
Corporate Sustainability ist ein neues Thema. Warum sind die Unternehmen auf die Hilfe externer Expert*innen angewiesen?
Viele Standards und Corporate-Sustainability-Konzepte werden erst entwickelt. Wir implementieren und vernetzten neues Wissen aus wirtschaftlicher Praxis und Wissenschaft. Dieses Know-how ist in den meisten Unternehmen noch nicht vorhanden.
Zudem bringen wir einen frischen Blick von außen mit. Aus dieser Perspektive lassen sich die wesentlichen Nachhaltigkeitsprobleme leichter identifizieren. Interdisziplinäre Vernetzung und Kooperation mit anderen externen Expert*innen erhöhen die Erfolgschancen für umweltbewusste Strategien.