Drucker sind eher ein Symptom für verpennte Digitalisierung. Und kein Problem für die Informationssicherheit.
Tatsächlich ist die Sache problematischer. Wer kümmert sich? Die IT-Abteilung, weil Drucker streng genommen zu deren Aufgabengebiet gehören? Der Einkauf? Das Lieferketten-Management? Informationssicherheit ist kein Problem, dass sich auf ein thematisches Feld beschränkt. Sie verlangt jederzeit eine kooperative Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen. Und eine übergeordnete Verantwortung.
Wie steht es um die Kollaboration bezüglich der IT-Sicherheit?
Oft schwierig. Was passiert, wenn die IT fordert, dass alle Server für ein Update vom Netz müssen. Der Protest in den anderen Abteilungen ist groß, es wird mit Verlusten argumentiert. Meist gewinnt die Seite mit dem Geldbeutel – also das Business. Auch an diesem Punkt ist gutes Risikomanagement wichtig. Wenn klar ist, was ein möglicher Verlust der Informationssicherheit kosten kann, ist das ein wirksames Gegenargument.
Rivalitäten zwischen einzelnen Abteilungen in Unternehmen sind bekannt. Wie lässt sich dieser kooperative Geist erzeugen?
Indem man das Schwarze-Peter-Spiel vermeidet und begreift, dass man im selben Boot sitzt. Ich arbeite in meiner Beratung gerne mit leicht verständlichen Analogien wie dem Rettungsboot. 10 Leute sitzen darin. Alle haben ein Ruder, es gibt jedoch zehn verschiedene Schlagstile. Was passiert: Die Havarierten rudern unterschiedlich und das Boot rotiert. Dann steht ein Mensch auf und behauptet, dass er weiß, wie man paddelt. Wenn genügend Personen darauf vertrauen, sagen wir acht, geht es zumindest schon mal in eine Richtung. Es ist entscheidend, dass sich die Expertise in einem relevanten Thema durchsetzt.
Das klingt logisch – aber zu romantisch.
Es braucht Führung, die sagt, auf wen wann zu hören ist. Das zeichnet gutes Management aus. Es weiß nicht alles am besten, kann aber einschätzen, wer in welchem Thema die Richtung vorgeben sollte.
Wo wir beim Thema Durchsetzen sind: Wie kommen Sie als externer Berater in diesem Dickicht der Interessen zurecht?
Es ist für IT-Spezialistinnen und Spezialisten teilweise ein mühseliger Berufsalltag. Nicht umsonst wird zuletzt häufiger über das Thema Burn-out im Kontext der Informationssicherheit diskutiert. Die Verantwortung der Spezialistinnen und Spezialisten ist hoch, die Ressourcen dagegen begrenzt. Besonders was den Entscheidungsfreiraum anbelangt. Dazu gibt es mit dem Staff vereinzelt Probleme. Externe Expertinnen und Experten werden als Aufsehende wahrgenommen, die Verbote aussprechen oder noch mehr Pflichten auf den Teller der Angestellten häufen. Unter diesem Vorurteil leidet die Akzeptanz.
Wie erzeugen Sie statt Distanz die notwendige Nähe?
Ich muss Kompetenz ausstrahlen, ohne dass sie aufgesetzt oder arrogant wirkt. Für mich ist wichtig, dass ich gut über das Unternehmen und die Aufgabe informiert bin. Dann kann ich die richtigen Fragen stellen. Die sind zu Beginn wichtig, weil ich mit ihnen mein Interesse an anderen Personen und gleichzeitig Fachkenntnis ausdrücke.
Ihre Zeit in Organisationen ist begrenzt. Wie wichtig ist neben dem Machen das »Enablen«?
Das Thema Informationssicherheit lässt sich nicht wie ein normales Projekt starten und abschließen. Es geht um eine permanente Verbesserung der Sicherheitslage. Es ist eine kontinuierliche Aufgabe. Dafür braucht es fortlaufende Optimierungsprozesse. Trotzdem ist ein durchdachtes Fundament sehr sinnhaft. Zu diesem gehören grundlegende Strukturen, die das Thema Informationssicherheit personell und prozessual über Abteilungsgrenzen abbilden. In meiner Funktion als externer Berater oder Interimsmanager will ich zunächst diese Ausgangslage schaffen. Danach muss ich die internen Beschäftigten befähigen, damit diese auf dem Fundament langfristig etwas aufbauen.
Warum sind Sie trotz der Herausforderungen immer selbstständig geblieben?
Nicht, weil es so einfach ist. Es gibt wirklich sehr frustrierende Situationen. Besonders dann, wenn Firmen einen teuer einkaufen, aber nicht wirklich an Bewegung interessiert sind. Ich möchte aber bewegen, bin persönlich am Erfolg interessiert. Ich will kein Berater sein, der die Augen schließt, den Mund hält und die Hand ausstreckt. Was manche auch unterschätzen: Wenn ein Projekt richtig gut läuft, ich eine Bindung zu den Personen im Unternehmen aufbaue, ist der Abschied schwer. Vor allem weil ich weiß, dass ich demnächst wieder bei null anfange.
Das klingt jetzt nicht unbedingt wie eine Eloge auf Ihre Selbstständigkeit.
Ich schätzte das, was ich tue, trotz der beschriebenen Nachteile sehr. Um noch eine Analogie zu bringen: Ich esse sehr gerne chinesisch. Aber wenn ich das jeden Tag tue, wird mir langweilig. So geht es mir mit meinen Projekten. Es gibt grundsätzlich drei Phasen: Change, Build und Run. Ich persönlich initiiere gerne den Wandel und gestalte ihn aus. Danach benötige ich eine neue Aufgabe. Genau diese Option bietet mir meine Selbstständigkeit. In Amerika würde man mich als Mover-und-Shaker-Typ bezeichnen.
Beeinflusst Ihre Herkunft die Qualität Ihrer Beratung?
Ja, ich kann amerikanisch denken, also nicht unbedingt besser, aber anders. Wenn andere zu viele Probleme sehen, zu lange abwägen, setze ich – in den mir gesetzten Grenzen – rasch etwas um. Manchmal ist es zielführender, um Entschuldigung zu bitten, als eine Erlaubnis zu bekommen. Wenn es Nachfragen gibt, kann ich mich darauf berufen, dass ich »neu« bin.
Zum Abschluss: Ihre drei Tipps für Unternehmen, die nach diesem Interview beim Thema Informationssicherheit fiese Bauchschmerzen bekommen?
- Lassen Sie von externen Beratern und Beraterinnen ihren Schuldenstand überprüfen. Um zu wissen, wo sie stehen, braucht es eine neutrale Ist-Analyse.
- Informationssicherheit fängt beim Einzelnen an. Kommunizieren Sie klar und deutlich, was Sie von Ihren Mitarbeitenden erwarten. Das gilt auch für das Management!
- Für die Klarheit empfehle ich einfache Analogien. Egal welche Abteilungen in einem Unternehmen involviert sind: Beim Thema Informationssicherheit rudern alle im selben Boot. Verdeutlichen Sie das.