Herr Hoffmann, Sie treten als selbständiger Interim Manager an, mit dem Zusatz Chief Financial Services. Welche Tätigkeiten umfasst das konkret?
Die Firmierung “Hoffmann Management – Chief Financial Services” entstand mit Beginn meiner Tätigkeit als Interim Manager und Consultant im Jahr 2001. Das hat sich als Marke etabliert. Meine Tätigkeit geht jedoch nach über 20 Jahren als Manager weit darüber hinaus.
Ich überbrücke einerseits projektorientiert CFO-Vakanzen und ähnliche Rollen, die während Sondersituationen in Geschäfts- oder Funktionsbereichen von Unternehmen auftreten. Das berührt meist Finanzen, Accounting, Controlling, Risikomanagement, aber auch kaufmännische Bereiche wie Legal, HR oder IT.
Ein zweites Feld ist das Projektmanagement. Dabei sind meine Beratungskompetenz und das Umsetzungsmanagement gefragt. Beispielsweise bei Themen wie M & A (Mergers and Acquisitions), Post Merger Integration, Carve Out, Börsengang, Reorganisation und Turnaround-Management.
Das ist ein breites Feld, das sich ständig verändert und weiterentwickelt. Wie bleiben Sie stets auf dem neuesten Stand?
Passende Interim Manager*innen bringen 90 bis 100 Prozent der erforderlichen Kenntnisse bereits zu Beginn eines Auftrages ein. Unternehmen sind in Größe, Branche, Zielsetzung, Kultur und Menschen extrem vielfältig. Jedes Projekt ist daher auch ein persönlicher Entwicklungsschritt, eine Erweiterung der Kompetenz.
Meine kontinuierliche Fortbildung umfasst zudem, wie auch bei Angestellten, Fachtrainings und Seminare. Ebenso wichtig sind meine umfassenden Kontakte zu Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltskanzleien, die ich aus meiner Laufbahn kenne. Man begegnet sich immer wieder und tauscht sich proaktiv aus, auch mit anderen Interim Manager*innen. Es ist ein enges Netzwerk, das auf Gegenseitigkeit und ständigem Austausch beruht.
Sie sind auch in Personalthemen “zu Hause”.
Stimmt, meine Frau ist Interim Managerin, Trainerin mit eigener Fachreihe (Coaching-Kompetenz für Personaler) und Systemischer Business Coach. Sie kommt aus dem HR-Bereich. Das verschafft mir zusätzlich wertvolles Know-how, besonders hinsichtlich Coaching und Führungsthemen.
Welche internationalen Kompetenzen benötigen Sie, um für deutsche Unternehmen als selbständiger Experte tätig zu sein?
Das kommt auf den Grad an internationalen Aktivitäten des Mandanten an. Ist dieser recht hoch, arbeite ich parallel mit internationalen Expert*innen zusammen. Ich kann die Steuer- oder Zollgesetze der USA nicht detailliert genug durchdringen. Europäische schon eher. Mit jedem Projekt und jeder Teamarbeit erweitere ich meinen globalen Horizont. Letztlich entscheidet die Effizienz, ob ich internationale Themen selbst betreue oder mit Fachleuten vor Ort kooperiere.
Wie sehr prägen aktuelle Anforderungen wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit Ihre Beratungs- und Managementaufgaben?
Beides beschäftigt mich kontinuierlich mehr. Die Digitalisierung nahm in den vergangenen Jahren richtig Fahrt auf. Einerseits treiben Effizienz- und Kostendruck diese Veränderung. Andererseits wirken zeitgemäße Arbeitsplätze und der Einsatz moderner Prozesse und Systeme positiv im „War of Talent“.
Den klassischen Beruf der Buchhalter*innen wird es in der Zukunft so nicht mehr geben. Künstliche Intelligenz, digitale Belegerfassung und -automatisierung werden sie zunehmend ersetzen. Das Finanz- und Rechnungswesen von morgen überwacht nur noch die Fehlerbehebung,
steuert die Qualitätssicherung und den Closingprozess und organisiert kontinuierlich die Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen. Data Mining, Business Intelligence und Automatisierung reichen bis ins Controlling, die Grundlage für effiziente Unternehmensführung.
Nachhaltigkeit ist eher ein mittelfristiger Prozess.
Tatsächlich etabliert sie sich weniger stringent. Einige Unternehmen legen dafür Programme auf und erkennen es als Chance, wenn nicht sogar als Notwendigkeit zur langfristigen Bestandssicherung. Sie werden in zehn oder zwanzig Jahren zu den Gewinner*innen gehören. Andere, die nachhaltiges Wirtschaften nur öffentlich posten, werden die Verlierer*innen sein.
Nachhaltigkeit verändert auch die Kalkulation. Sie beeinflusst die strategische Planung und das Controlling umweltbewusst ausgerichteter Unternehmensentscheidungen. Auf Nachhaltigkeit ausgelegte Prozesse und Produkte können kostenintensiver sein und die Rendite schmälern. Das muss eingepreist und am Markt akzeptiert werden.
Verändern globale Ereignisse Ihre Arbeit oder Arbeitsweisen? Die Pandemie ganz sicher, aber haben Sie auch andere Beispiele?
Es kann durchaus Krisen geben, die Interim Manager*innen persönlich betreffen. Sie beeinflussen Anfragen, Auslastung oder Honorare.
In Unternehmen werden kurzfristig viele Prozesse und die technische Infrastruktur neu organisiert, damit mobiles Arbeiten und virtuelles Führen weiterhin zu einer effizienten Zusammenarbeit führt. Neue Kommunikations- und Projektmanagement-Tools stellen den reibungslosen Austausch sicher und machen Arbeitsfortschritte erkennbar. Persönlichen Kontakt lernen alle Beteiligten dabei ganz neu zu schätzen.
Auch auf Projekte wirken sich Pandemien, Finanzkrisen oder aktuell die Ukraine-Krise aus. Die Schwerpunkte verschieben sich. Exportlastige Unternehmen müssen sich plötzlich mit Sanktionen beschäftigen. Die Kosten oder Ausfälle können bis zur Existenzgefährdung gehen. Dass sich jedoch Ereignisse maßgeblich auf die Aufgaben selbst auswirken, sehe ich kaum. Die Prioritäten und Zeitpläne ändern sich. So ziehen Krisen zumeist Restrukturierungen oder eine strategische Neuausrichtung nach sich.