Marilyn, viele mittelständische Handelsunternehmen haben um den Jahrtausendwechsel den Einstieg in den E-Commerce verschlafen. Wie schätzt du ihre Motivation für den Schritt in das nächste Level – das Metaverse – ein?
Das kann wieder passieren. Obwohl die Situation nicht neu ist. Schon im Web2, in dem wir uns aktuell mit Online-Shops und Social Media bewegen, hebeln Marken und Hersteller mit ihren Direct-to-Consumer-Strategien den stationären Handel aus. Im Metaverse werden sie diesen Vertriebsweg noch intensivieren.
Deswegen muss sich der Groß- und Einzelhandel rechtzeitig mit neuen Technologien beschäftigen und die Chancen erkennen. Auch sollte er sich auf seine größte Stärke konzentrieren: die Beratungskompetenz. Die überzeugt genauso in virtuellen Räumen. Wer die digitale Zukunft ignoriert, wird um seine Existenz bangen.
Erst ein Viertel der Deutschen haben vom Metaverse gehört. Wie erklärst du das Metaverse beziehungsweise das Web3?
Im Web1 konnten die Userinnen und User lesen. Im Web2 lesen und schreiben. Im Web3 kommt das »Besitzen« dazu. Das ermöglichen Blockchains mit ihren sicheren Datenstrukturen. Die dezentrale Technologie synchronisiert alle beteiligten Computer in einem Netzwerk und macht die Datenhistorie fälschungssicher.
Das Metaverse ist lediglich die Erscheinungsform des Web3 – die Oberfläche. Oder dreidimensional gedacht: der Raum. Durch die Schnittstelle »Metaverse« fusioniert die reale Welt mit der digitalen.
So weit die technische Seite. Welchen praktischen Nutzen könnte das Metaverse gegenüber den heutigen Plattformen bieten?
Die dezentrale Blockchain-Technik des Web3 ist zukunftsweisend. Durch sie gehören persönliche Daten vermutlich in Zukunft nicht mehr den Internetkonzernen. Alle entscheiden dann selbst, ob und welche Informationen sie für einen digitalen Vorgang freigeben. Durch diese Selbstbestimmung gestalten Userinnen und User das Internet aktiv mit. Sie können es zu einem demokratischen Ort machen.
Das Web3 wird außerdem ohne Browser und Passwort-Wirrwarr arbeiten können. Jeder Mensch und jedes Unternehmen besitzt stattdessen eine digitale Identität. Mit dieser gehen sie direkt in Anwendungen und Räume des Metaverse hinein. Wer sich dabei als illustrierte Figur wie in einem Onlinegame herumspazieren sieht – keine Bange. Man kann Avatare als Profilbild benutzen oder einen digitalen Zwilling von sich erstellen. Man muss das aber auch nicht tun.
Woraus hat sich das Metaverse entwickelt?
Die Entwicklung dauert an. In der prognostizierten ganzheitlichen Form gibt es das Metaverse noch nicht. Niemand hat »das Metaverse« erfunden und niemand weiß, ob es später wirklich Metaverse heißen wird. Die Idee hinter der räumlichen Erscheinungsform des Internets ist lediglich eine logische Konsequenz der digitalen Evolution.