Max, wir sprechen über ein Thema, das Bill Gates so bewertet: “Der NFT-Markt basiert zu 100 % auf dem Prinzip des ‚Greater Fool‘.” Bevor wir ins Detail gehen – inwieweit stimmst du ihm zu?
Ich verstehe seinen Ansatz. Die meisten der aktuellen NFTs versprechen weder erwartbare Cashflows noch einen anderweitigen Nutzen. Doch das gilt auch für Dutzende schon lange gehandelte physische Gegenstände oder Werte.
Es überrascht mich, dass wir irrationale Begeisterung für physische Kunst, Oldtimer oder Wein selbstverständlich finden. Bei virtuellen Objekten endet diese Irrationalität plötzlich.
Siehst du keinen Unterschied zwischen einem anfassbaren und einem digitalen “Gegenstand”?
Natürlich differenziere ich physische und virtuelle Güter, aber wir bewerten diese Unterschiede über. Der NFT-Markt ist volatil – wie es junge Märkte immer waren. Es entstehen neue Kulturen und Ästhetiken, die zunächst gewöhnungsbedürftig sind. Es ist zu einfach, diese pauschal abzutun.
Ich sehe keinen Grund, warum digitale Kunst und Sammelobjekte nicht irgendwann eine ähnliche Bedeutung wie ihre physischen Äquivalente haben sollten.
Wie erklärst du mit einfachen Worten, was ein Non-fungible Token ist?
In ihrer simpelsten Form machen NFTs digitale Objekte wie Kunst oder Collectibles einzigartig und ermöglichen deren Besitz. Beides lässt sich bei physischen Stücken relativ gut feststellen, bei digitalen Objekten zunächst nicht.
Daher fungieren Blockchains – dezentrale, fälschungssichere Datenstrukturen – als digitale Kontenführung. Sie sind eine Art Grundbuch und Echtheitszertifikat für digitale Güter. Bei einem NFT eines Kunstwerks lässt sich für immer nachvollziehen, von wem es initial eingetragen wurde. Dazu, wie viele Variationen es gibt, wie es gehandelt wurde und wer es momentan besitzt.
Der englische Adel führte lange Buch darüber, welches Kunstwerk sich im Besitz von wem befindet. Diese Funktion erfüllt nun die Blockchain.
Ein NFT hat seinen Wert, weil möglichst viele Menschen daran glauben. Im Gegensatz zu realen Objekten können sich alle ein digitales Bild ansehen oder kopieren. Worin liegt der Sinn, es zu besitzen oder damit zu handeln?
Was ist schon real? Auch physische Objekte können nachgeahmt werden. Die Debatte darüber ist so alt wie die Kunstwelt selbst. Gemälde wurden schon immer täuschend echt kopiert, aus legitimen oder betrügerischen Gründen. Warum zahlen Sammler*innen das Hundertfache für ein Original, wenn die Unterschiede nur unter dem Mikroskop erkennbar sind?
Um den physischen und ästhetischen Effekt geht es ihnen nicht. Spätestens mit der Drucktechnik und der Fotografie wurde Vervielfältigung ein Merkmal der physischen Kunst. Doch Sammeln bedeutet mehr. Es geht um das Besitzen von Geschichte, und das ermöglicht nur nachweisbare Seltenheit.