Inwieweit korreliert die Geschwindigkeit eines Vertriebserfolgs mit Branchen, Produkten und Wettbewerb?
Das eben erwähnte Industrieunternehmen genießt mit seinen Produkten viele Alleinstellungsmerkmale und verkauft an spezialisierte Kunden. Es kann Kontakte schnell herstellen und nutzen.
Dem entgegen bewege ich mich als Social-Selling-Berater in einem Markt mit großem Wettbewerb. Ich kann nicht direkt auf mögliche Kundschaft losgehen. Sie bekommen täglich “nervige” Anfragen. Ich muss durch aufmerksamkeitsstarke Inhalte meinen fachlichen Vorsprung und meine Position an der Spitze dieses Markts kommunizieren.
Werden LinkedIn-Kommentare unter fremden Beiträgen unterschätzt?
Ja, denn sie haben enorme Power. Wenn sie gut sind. Wer einer Idee neue Impulse hinzufügt oder fundiert eine andere Meinung vertritt, erreicht das komplette Netzwerk des Schreibenden. Und damit auch alle, die den Post verfolgen. Das kann erheblichen Traffic auslösen.
Ich rate Einsteigenden, sich mit kompetenten Kommentaren “warmzumachen”, bevor sie eigene Beiträge posten. Denn diese müssen sprachlich und handwerklich perfekt sein.
Wie sieht die optimale LinkedIn-Kommunikation aus?
Social Selling bedeutet Vertrauen aufbauen. Dafür muss ich in Kontaktpunkten denken und beobachten, wie oft mich jemand schon wahrgenommen und beispielsweise auf Beiträge reagiert hat.
Wann und wie ich diesen Kontakt intensiviere, plane ich in meinen Kommunikationsstrategien.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Inbound und Outbound. Wozu rätst du deinen Klient*innen?
Eine Inbound-Strategie basiert auf der Hoffnung, dass guter Content gutes Feedback generiert. Doch Hoffnung ist nie eine Strategie. Es gehört immer ein Plan B dazu. Bringt ein Beitrag nicht den gewünschten Erfolg, was durchaus passieren kann, muss ein proaktiver Schachzug folgen. Auch das ist ein Zusammenspiel.
Jedoch strapazieren viele Nutzende das Portal für brachiale Kaltakquise über direkte Nachrichten. Sie meinen, das wäre Social Selling. Sie wissen es nicht besser und werden damit kaum Erfolg haben. Content bringt letztlich die besseren Termine. Die Ansprechpartner*innen sind bereits aufgewärmt, informiert und haben echtes Interesse. Es fehlt nur der Abschluss. Reine Outbound-Strategien versetzen Anbietende stets in eine Überzeugerrolle.
Was muss man bei persönlichen Nachrichten mit Vertriebsfokus dringend beachten?
Es gibt durchaus charmante Nachrichten-Strategien, die Zielkund*innen nicht nerven. Sie funktionieren langsam und bieten Mehrwerte, beispielsweise durch angehängte – auf Nachfrage legitimierte – PDFs zu dem Kernthema. Ebenso kann die direkte Ansprache sinnvoller sein als ein Kommentar, wenn aus einem Beitrag ein klarer Bedarf hervorgeht und zu Angeboten animiert.
Zudem ist es Mentalitätssache. Die Amerikaner schreiben fast nur Nachrichten und niemand beschwert sich darüber. Hauptsächlich die Deutschen reagieren etwas giftiger, wenn sie schlechte Akquisenachrichten erhalten.
“Der Ton macht die Musik”. Welchen Wert hat die Persönlichkeit in der LinkedIn-Kommunikation?
Es gibt Verkäufer*innen, die als Person spontan gut ankommen. Andere definieren sich mehr über ihr Angebot. Das hat großen Einfluss auf die individuelle Strategie. Erstere haben den Vorteil, dass sie offensiver auftreten dürfen, doch sie müssen auch inhaltlich liefern.
Unternehmen profitieren davon, wenn Mitarbeitende auf LinkedIn als “Testimonials” sichtbar sind. Wie sollten sie das Engagement ihrer Crew auf der Plattform fördern?
Ich kenne mittelständische Firmen bis zu DAX-Unternehmen, die ihren Beschäftigten sehr viel Freiraum geben. Nur wenige generelle Leitlinien schränken sie ein. Zu den Vorbildern zählen Vodafone, Siemens oder auch der HR-Bereich von REWE.
Mustergültig handelt auch SAP. Die Mitarbeitenden aus Marketing, Vertrieb und HR präsentieren sich mit eigenen Accounts und Personal Brands. Sie benutzen Farben außerhalb der CI und posten, was sie spannend finden. Diese Ungebundenheit macht den Erfolg aus. Universelle und einfach nur geteilte Beiträge funktionieren nicht.
Sollten Angestellte ihre persönlichen LinkedIn-Profile in der Arbeitszeit pflegen dürfen?
Natürlich, LinkedIn gehört als Vertriebstool zu der täglichen Routine wie jedes Telefonat. Vorausgesetzt, die Mitarbeitenden setzen LinkedIn erfolgsorientiert für das Unternehmen ein.
Social Selling ist eine persönliche Art des Marketings. Wie beurteilst du die Resultate gegenüber der klassischen medialen Werbung?
Social Selling bietet den Vorteil, dass Vertriebler*innen nun selbst Marketing betreiben können. Mit kleinem Aufwand, aber beachtlichen Ergebnissen. Doch Broschüren oder Plakate haben je nach Ziel ebenso ihre Berechtigung. Es ist ein Zusammenspiel – und ein Rechenexempel. Ein kostenloser Beitrag in einem Feed erreicht mitunter mehr Reichweite als eine teure Anzeige in einer Fachzeitschrift. Und führt zu regem Austausch.
Nils, du bist selbständiger Berater für Personen und Unternehmen, die sich auf LinkedIn profilieren wollen. Was versprichst du deinen Auftraggebenden?
Ich unterstütze meine Klient*innen bei der Leadgenerierung durch optimale Sichtbarkeit und Strategien. Doch ich gehe immer einen Schritt weiter, denn Personal Branding hört auf, wenn es um Verkaufen geht:
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Messbare Erfolge sind für mich nicht nur Leads, sondern qualifizierte Termine.
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Meine Beratung ist immer individuell und basiert auf Strategien, die ich selbst entwickelt oder weiterentwickelt habe.
Mein Unternehmen verfolgt ein recht exklusives Geschäftsmodell. Ich schleuse nicht hunderte Aufträge durch, sondern habe einen ausgewählten Kund*innenkreis. Dem liefere ich das Beste, was es am Markt gibt. So grenze ich mich hoffentlich vom Wettbewerb ab.
Welche drei Tipps gibst du einer Vertrieblerin oder einem Vertriebler für den Start in die eigene Social-Selling-Strategie auf LinkedIn?
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Räum dein Profil auf. Ein PDF mit der Anleitung findest du in meinem Profil.
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Beschreib, was du machst, poste Selfies mit Kunden, berichte von einer Messe. Das ist nicht der spannendste Beitrag, aber ein sinnvoller Anfang, deine Reise zu dokumentieren.
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Entwickle eine Routine, präsentier dich als Konstante: Arbeite täglich eine halbe Stunde auf LinkedIn und vernetz dich. Veröffentliche regelmäßig einen Beitrag. Mit geplanten Abläufen wirst du jeden Tag besser, wie im Sport.